„Krankschreibung ohne Arztbesuch“, so wirbt ein Softwareunternehmen aus Norddeutschland, für sein Geschäftsmodell. Tatsächlich kann der Kunde auf der Homepage des Unternehmens dort vorgegebene und auswählbare Symptome anklicken, einige Fragen zu seinem Gesundheitszustand beantworten und nach eigenem Ermessen die Dauer der Krankschreibung bestimmen („Für wie viele Tage fühlen Sie sich arbeitsunfähig? Arzt folgt Ihrem Wunsch…“). Sodann kann der Nutzer seine Kontaktdaten und die gewünschte Zahlungsmodalität angeben.
Nach Zahlung erhält der Kunde die Krankschreibung, die von einem Privatarzt ausgestellt ist, digital oder per Post. Bei Testbestellungen kam es dabei zu keinem Kontakt des Kunden mit dem betreffenden Arzt. Bisher ist das Modell beschränkt auf „Erkältungen“, „Regelschmerzen“, „Rückenschmerzen“ sowie neuerdings „Stress“. Auf der Startseite wird zudem geworben mit „100 Prozent gültiger AU-Schein“.
Werbung für Fernbehandlung
Die Wettbewerbszentrale sieht in der Werbung für diese Dienstleistung einen Verstoß gegen § 9 Heilmittelwerbegesetz. Die Vorschrift verbietet
Werbung für Fernbehandlungen.
Außerdem ist die Aussage „100 Prozent gültiger AU-Schein“ nach Auffassung der Wettbewerbszentrale irreführend. Mit dieser Aussage wird aus ihrer Sicht der Eindruck erweckt, dass die so beworbene Krankschreibung sämtliche rechtlichen Anforderungen an eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfüllt. Die von dem Unternehmen ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mögen zwar formal die Voraussetzungen zur Vorlage beim Arbeitgeber erfüllen. Dass sie aber auch materiell die erforderliche Beweiskraft besitzen, d.h. auch arbeits- und berufsrechtlichen Anforderungen genügen, wird von etlichen Juristen bezweifelt. Tatsächlich ist bis dato keine höchstrichterliche arbeitsgerichtliche Entscheidung ersichtlich, die eine derartige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Ergebnis als „100 Prozent gültig“ anerkannt hätte.