Neulich erzählte mir ein Bekannter, dass seine sechs Stammtisch-Kollegen, alles distinguierte Herren im zarten Alter um die siebzig Jahre, dass sie sich nicht mehr sicher fühlen und geschlossen den kleinen Waffenschein beantragt haben. Wo führt diese Entwicklung hin?
Im Januar 2016 gab es in Deutschland rund 300.000 kleine Waffenscheine. Bis zum Ende des Jahres 2017 explodierte diese Zahl auf rund 560.000. Das ist ein Anstieg um 86 Prozent. Der kleine Waffenschein ist laut Wikipedia eine behördliche Genehmigung, die in Deutschland zum Führen einer sogenannten Schreckschusswaffe außerhalb der eigenen Wohnräumlichkeiten, also in der Öffentlichkeit, berechtigt. Schreckschusswaffen sehen echten Pistolen oder Revolvern zum Verwechseln ähnlich, verschießen aber keine Projektile aus Metall, sondern sind rein für Signal-, Platz- oder Reizgaspatronen bestimmt.
Mir stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung für unser Land gut ist? Mir macht sie Angst. Es mag ja durchaus sein, dass es Menschen gibt, die sich nachts in unsicheren Gegend aufhalten müssen, weil sie zum Beispiel von der Nachtschicht kommen. Ob sie allerdings im Falle einer Bedrohung wirklich in der Lage sind, eine Pistole aus der Jacken- oder Handtasche zu ziehen, kann ich mir nicht vorstellen. Mit der Pistole in der Hand wird wohl niemand durch die Gegend laufen.
Eine Waffe mag vielleicht einen psychologischen Effekt haben, sie kann aber auch zu einer gefährlichen Scheinsicherheit und Selbstüberschätzung führen. Die Wirkung im Hinblick auf eine effiziente Selbstverteidigung ist für mich hingegen stark fraglich. Die Gefahr, dass ein Kontrahent oder auch ein Polizist eine echte Schusswaffe einsetzt, weil er sich bedroht fühlt, ist zusätzlich latent hoch.
Was meinen Sie, liebe Leserinnen und Leser zu der Entwicklung, dass sich immer mehr Bürger bewaffnen? Bitte schreiben Sie mir Ihre Meinung: verlagsleitung@network-karriere.com
Petra Seitz, Network-Karriere Verlagsleiterin