Vor Hotels und Cafés verharren immer wieder Passanten. Sie gehen nicht rein, sondern pausieren kurz vor dem Schaufenster: In der Hand ein Smartphone auf der Suche nach einem Hotspot, um drahtlos zu surfen. Dieses WLAN-Hopping, so scheint mir, ist ein globales Phänomen, das nicht nur die „Digital Natives“, die nach 1985 quasi „online“ Geborenen, betrifft, sondern auch „Best Agers“ wie mich. Sie sitzen in fremden Hotel-Lobbies, am Hafenkai und vor Rollfeldern, um möglichst kostenfrei online zu gehen.
Etwas dreist oder völlig ok? An dieser Stelle beginnt für mich das spannende Thema „Netiquette“: Sollte ich höflich um Erlaubnis fragen, bevor ich mich einlogge? Oder ist das zu spießig und irgendwie auch reizlos, wenn ich die Grauzone verlasse und Profil zeige?
Mich erinnert dies an die Geburtstagsfeier meiner Frau. Ein Bekannter, der höchst selten zu Besuch ist, marschierte kurz nach der Ankunft an unsere Kaffeemaschine. Meine Frau war noch beim Stehempfang, er hatte Lust auf Koffein. Mutig, dachte ich und beobachtete interessiert, wie er sich ungefragt ganz wie Zuhause fühlte und die Maschine startete. Wenn das gute Freunde im Laufe des Abends machen – mit einem kurzen Satz „darf ich?“ – kein Problem. Doch in diesem Fall fand ich das als Gastgeber etwas dreist.
Verzehr nein, Hotspot ja! Ähnliche Gedanken kommen mir beim Knigge WLAN-Hopping. Wenn ich als Gast im Hotel oder Café bin – kein Problem. Ich zahle für die Bewirtung und wenn es sein muss, auch für den Hotspot. Doch vor fremden Gaststätten? Verzehr nein, Hotspot ja! Für mich ein Geschäftsmodell das auf Dauer nicht funktionieren kann.
Rainer Wälde