Könnten wir einmal mit den Dauerbedenken auf dem Teppich bleiben?

Derzeit wird in den Medien und an den Stammtischen heftig darüber diskutiert, ob selbstfahrende Autos, die wohl irgendwann einmal in den Verkehr kommen, wohl des Teufels sind und den armen Autofahrern ihr ureigenstes Herrschaftsgebiet weggenommen werden soll. Dabei stellt sich die Frage, wer sich wohl auf unseren Straßen unethischer verhält: Der Mensch oder die Maschine? Network-Karriere Gastautor Prof. Dr. Gunter Dueck hat sich darüber Gedanken gemacht:

Derzeit ergötzen sich offenbar Journalisten, uns vor unethischen maschinellen Entscheidungen zu warnen. Das ist vielleicht ganz gut oder sogar notwendig, damit das nicht geschieht. Aber irgendwie geht nun die Furcht vor unethischer Programmierung mit den selbsternannten Fachleuten durch, finde ich, denn manches Geschriebene klingt nach einem Aufruf, lieber gar keine Maschinen zu nutzen, sondern sich nur noch auf den grundguten Menschen zu stützen und zu verlassen.

 

Insbesondere fürchten sich die Kritiker und irgendwie wohl tendenziell die Geisteswissenschaftler und Philosophen, dass Selbstfahrautos eher Arme als Reiche überfahren werden und dass sie vor allem gehackt werden können, ohne dass der Täter entdeckt werden kann. Das ist ein interessantes Feld für wilde Spekulationen, zumal die ersten Selbstfahrautos ja nicht so sicher gegen Hacker sein können (es ist ein Unterschied, ob man erste Versuche damit macht oder ob die ganze Welt damit fährt – das allererste Selbstfahrauto wird ja nicht vorher durch eine Armada von IT-Spezialisten abgeschirmt).

 

Aber solange nicht alles zu tausend Prozent sicher ist, wollen die Kritiker sich nicht mit „Robotern“ befassen. In Deutschland sterben ca. 3.000 Menschen jährlich im Verkehr. 67.000 werden pro Jahr schwer verletzt, rund 400.000 erleiden Verletzungen. Warum? Die meisten schweren Unfälle werden durch missachtete Vorfahrt, zu geringen Abstand, zu hohe Geschwindigkeit, Fahruntüchtigkeit (Müdigkeit, Alkohol, Ablenkung), waghalsiges Überholen, Übersehen von Menschen beim Parken oder Anfahren etc. verursacht.

 

Warum regen Sie sich dann über Selbstfahrautos auf? Alle die genannten Ursachen fallen selbst beim lausigsten Programm für Autos weg. Abstand halten oder Geschwindigkeiten beachten? Das können Algorithmen doch offensichtlich besser als Menschen!? Nein, so meine ich es nicht. Menschen können ja im Prinzip genauso gut wie Maschinen fahren, aber sie tun es nicht, weil sie oft unethisch, leichtsinnig oder selbstüberschätzend fahren. Arme Menschen werden auch heute im Verkehr eher getötet als reiche, denn die Reichen stoßen per SUV („Sport Utility Vehicle“) auf einen Punto oder Lupo. Sie kommen quasi wie ein Panzer oder LKW auf uns armen Normalautofahrer zu.

 

Ich parke ja oft im Frankfurter Flughafen, und da verstopfen die SUVs die Parkplätze oder scheinen nach dem unethischen Fahrerverständnis der Reichen eingeparkt zu sein, dass die Parkplatzlinie unter der Fahrzeugmitte zu sein hat… Ich will sagen: Die Reichen haben doch heute schon ihren impliziten Algorithmus: Arme sterben. SUVs töten. Die Werbung sagt: „SUVs schützen.“ Aber sie töten eben. Wozu sind Autos gut, deren Stoßstange auf Augenhöhe der Billigautos reinrammt?

 

Wo ist die Chancengleichheit im Verkehr?

Aber nein, man schreibt sich die Finger wund, dass Selbstfahrautos potentiell böse sind. Natürlich wird es wahrscheinlich irgendwann betrügerische Trickserei geben wie beim Diesel. Aber so unethisch wie Menschen und Großautos werden Selbstfahrautos nicht sein. Und Selbstfahr-SUVs der Reichen töten ja nicht, weil sie eben normal programmiert werden u.s.w. Alles klar? Könnten wir einmal mit den Dauerbedenken auf dem Teppich bleiben?

 

Prof. Dr. Gunter Dueck