Weihnachtszeit gleich besinnliche Zeit? Schön wäre es: In vielen Unternehmen wird im Dezember nochmal so richtig aufgedreht. Da laufen die Telefone heiß und die Vertriebsmannschaften spulen unzählige Extrakilometer auf den Autobahnen des Landes ab. Warum? Ganz einfach: Schließlich steht das Jahresende vor der Tür und damit die Auszahlung der Jahresboni!
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Blöd ist nur, wenn Ihnen das erst am 1. Dezember auffällt. Ganz ehrlich? Ich kann da nur den Kopf schütteln. Viele durchschnittliche Verkäufer hofieren das ganze Jahr lang potenzielle Neukunden – und machen sich aus dem Staub, noch bevor die Tinte auf dem Vertrag getrocknet ist.
Bestandskunden, was war das noch mal?
Und plötzlich bricht die große Panik aus, sobald Grußkarten und die ersten Einladungen zu Weihnachtsfeiern ins Haus flattern. "Zu Weihnachten sollten wir schon irgendwas machen …" heißt es dann
meist in irgendeinem schnell einberufenen Abteilungsmeeting. Geht es nicht noch was unpräziser? Meist wird dann eine Sekretärin damit beauftragt, einen Schwung Weihnachtskarten produzieren zu
lassen. Doch bloß nicht die teuren aus Hochglanzpappe! Der 200er-Pack vom Bürowaren-Discounter tut es doch auch!
Da bleibt mir echt der Mund offenstehen. Klar können Sie das so machen. Schön ist jedoch was anderes. Und es wird bei Ihren Kunden genauso ankommen, wie es aussieht: "Uns ist gerade eingefallen,
dass wir noch schnell was für unsere Kunden machen sollten. Budget wollte der Chef dafür keins lockermachen, schließlich fließt unsere ganze Energie in die Neukundenakquise. Ihr Geld haben wir ja
schon im Sack!" Und dann wundern Sie sich ernsthaft, wenn Ihre ach so sicher geglaubten Kontakte im nächsten Jahr zum Wettbewerb wechseln? Ganz schön blauäugig! Ich kann es nicht oft genug sagen:
Bitte vergessen Sie Ihre Bestandskunden nicht! Sie verdienen nicht weniger Aufmerksamkeit als wichtige Neukunden. Und je mehr Sie sich um sie bemühen, desto enger wird auch ihre Bindung an Sie
und an Ihr Unternehmen sein.
Kundenbindung beginnt bei Ihnen
Haben Sie schon mal gehört, ja? Leider führt diese Erkenntnis meist zu blindem Aktionismus, die Zweite: damit der Bonus am Jahresende schön üppig ausfällt, müssen noch ein paar Geschäfte gedreht
werden. Doch was tun, wenn gerade kein vielversprechender neuer Kontakt am Horizont zu sehen ist? Dann sind die Bestandskunden auf einmal gut genug und es wird telefoniert, akquiriert und
geschleimt, was das Zeug hält. Der Haken an der Sache: Wie würden Sie sich als Kunde fühlen, wenn Sie zum Beispiel monatelang nichts von Ihrem Finanzberater hören – und dieser sich dann zufällig
kurz vor Weihnachten meldet, um Ihnen ein "unschlagbares Angebot" zu machen? Das ist nicht viel besser, als wenn Sie erst kurz vor Ende der Vertragslaufzeit wieder Kontakt suchen, um eine
Vertragsverlängerung rauszuschlagen.
Was viele Verkäufer verdrängen: Auch wenn Sie den Abschluss in der Tasche haben, heißt das nicht, dass Ihnen die Kunden auch sicher sind. Gerade Neukunden sind Wackelkandidaten, die sehr sensibel
reagieren, wenn sie in der Nachkaufphase vernachlässigt werden. Melden Sie sich erst, wenn Sie ein Cross- oder Upselling anstreben, bestätigen Sie Ihr Gegenüber in seiner negativen
Erwartungshaltung: "Der meldet sich eh nur bei mir, wenn er wieder was verkaufen will!" Aus diesem Grund verlieren 70 Prozent aller Unternehmen ganze 50 Prozent ihrer Stammkunden wieder! Tappen
Sie also nicht ins gleiche Fettnäpfchen, sondern kümmern Sie sich von Anfang an um Ihre Kunden.
Ok, für 2017 ist der Drops gelutscht. Sehen Sie lieber der Realität ins Auge, als Ihre Kunden jetzt noch auf den letzten Metern zu vergraulen. Die gute Nachricht: Sie haben es in der Hand! Machen
Sie sich das Thema Kundenkontaktpflege zu einem Ihrer großen Ziele im neuen Jahr und knien Sie sich rein. Wenn Sie bei der Stange bleiben, werden Sie sich im kommenden Dezember ganz entspannt
zurücklehnen können. Anstatt sich abzuhetzen, können Sie sich dann über die Weihnachtskarten Ihrer zufriedenen Kunden freuen, die sich bei Ihnen für den netten Kontakt und die persönliche
Betreuung bedanken. Eine lohnenswerte Aussicht, oder?
Martin Limbeck
www.managementtraining.de