Mittlerweile sollte es hinreichend bekannt sein, dass sog. Fotoklau im Internet kein Kavaliersdelikt darstellt. Auch wird den Meisten bewusst sein, dass in solchen Fällen Schadensersatz
gefordert werden kann. Doch stellt sich die Frage: In welcher Höhe kann er verlangt werden? Fotografen und Online-Shop-Betreiber kennen das Problem. Neben dem Aspekt des
fehlenden Respekts vor der Leistung ist dieser "Diebstahl" vor allem in finanzieller Hinsicht ein Ärgernis.
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Um Fotoklau im Internet ahnden zu können, muss man ihn erst einmal entdecken. Wurde der Fotoklau nun aufgedeckt, stellt sich die Frage, wie man als Betroffener am geschicktesten weiter vorgeht. Bevor man vor Gericht zieht, um Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche geltend zu machen, soll der Betroffene zunächst den Fotodieb gem. § 97a Abs. 1 UrhG abmahnen. Hierbei ist der Fotodieb aufzufordern, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
So weit, so gut: Die Fotos sind nun nicht mehr online. Allerdings ist bisher noch keine Kompensation in finanzieller Hinsicht eingetreten. Hätte der Fotodieb sich redlich verhalten, so hätte er
Lizenzgebühren für die Nutzung des Fotos zahlen müssen. Dieses Geld ist dem Betroffenen durch den Diebstahl vorenthalten worden. Aus diesem Grund ordnet § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG einen
Schadensersatzanspruch für den Rechteinhaber an.
Auch nachdem man eine Urheberrechtsverletzung entdeckt hat, verbleibt eine gewisse Unsicherheit. In nachvollziehbarer Weise drängt sich einem der Verdacht auf, dass weitere
Urheberrechtsverletzungen seitens des Fotodiebs begangen worden sein könnten, die einem allerdings nicht bekannt sind. Zur korrekten Bezifferung des tatsächlich eingetretenen Schadens sind
weitere Informationen somit unabdingbar. Diese Informationen kann in den meisten Fällen nur der Fotodieb preisgeben. Dies wird er aber äußerst ungern tun.
Um diesem Informationsbedürfnis des Betroffenen Rechnung zu tragen, hat die Rechtsprechung einen Auskunftsanspruch aus § 259 BGB i.V.m. § 242 BGB abgeleitet (BGH, Urteil v. 29.04.2010, Az. I ZR
68/08).
Die Berechnung des Schadensersatzes
Hat man alle Auskünfte beisammen, um den konkreten Umfang des Schadensersatzes zu beziffern, so steht man vor der Qual der Wahl: Dem Betroffenen stehen nämlich drei verschiedene
Berechnungsmethoden zur Auswahl. Er kann die Herausgabe des Verletzergewinns oder den eigenen entgangenen Gewinn fordern. Oder er kann seinen Schaden im Wege der Lizenzanalogie berechnen.
Die Ermittlung des Verletzergewinns nach § 97 Abs. 2 S. 2 UrhG ist zumeist die ungünstigste Variante der Schadensberechnung. Der Grund hierfür liegt darin, dass es sich selbst im Bereich des
Online-Handels als schwierig gestaltet, den konkreten Gewinn zu beziffern, den der Fotodieb durch Übernahme des Fotos tatsächlich erzielt hat.
Eine weitere Möglichkeit ist das Verlangen nach dem eigenen entgangenen Gewinn gem. § 252 BGB. Diese Berechnungsmethode bietet sich vor allem für den Berufsfotografen an. Aber auch nur dann, wenn
dieser seine Fotos über längere Zeit zu ähnlichen Konditionen lizenziert. Dies ist bei vielen Berufsfotografen nicht der Fall, sodass sich eine solche Berechnung aufgrund hypothetischer Annahmen
schwierig erweist.
In der Vielzahl der Fälle wird eine Berechnung anhand der Lizenzanalogie gem. § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG empfehlenswert sein. Nach der Lizenzanalogie kann der Betroffene der Höhe nach den Betrag
verlangen, der erlangt worden wäre, wenn man einen Lizenzvertrag geschlossen hätte.
Ähnlich wie bei der Berechnung nach dem entgangenem Gewinn beruht auch die Lizenzanalogie auf hypothetischen Annahmen. Doch können bei der Lizenzanalogie allgemeine Honorarrichtlinien
herangezogen werden. Bei Lichtbildern und Lichtbildwerken ist vor allem die MFM-Tabelle relevant. Diese wird auch immer wieder von den Gerichten herangezogen, wie bspw. durch das LG Düsseldorf,
das den Schaden regelmäßig anhand der MFM-Tabelle berechnet. MFM steht hierbei für Mittelstandsgemeinschaft für Foto-Marketing. Diese veröffentlicht Jahr für Jahr eine Honorartabelle, auf deren
Grundlage wir zwei Beispiele zur Berechnung des Schadensersatzes nach der Lizenzanalogie geben wollen.
Rechenbeispiel 1
Der Fotodieb nutzt das gegenständliche Foto auf seiner nicht-gewerblichen Homepage für insgesamt sechs Monate. Darüber hinaus wird das Foto in sechs unterschiedlichen Webdomains
eingeblendet.
Für die sechsmonatige Nutzung auf der nicht-gewerblichen Homepage fällt ein Honorar von 270,00 € an. Hinzu kommt ein Zuschlag in Höhe von 35P Prozent, denn das Foto wurde noch auf sechs weiteren
unterschiedlichen Webdomains eingeblendet. Somit kann im Rahmen der Lizenzanalogie anhand der MFM-Tabelle Schadensersatz in Höhe von 364,50 € verlangt werden.
Rechenbeispiel 2
Der Fotodieb nutzt ein Produktbild ohne Bildquellennachweis auf dem Banner seines Online-Shops für insgesamt ein Jahr. Mit dem Produktbild wird aber gleichzeitig das einschlägige Produkt des
Fotodiebs auf Amazon und Ebay beworben. Als wäre dies nicht genug: Das Produktbild wird darüber hinaus auf Facebook gepostet. Der Post ist insgesamt ein Jahr lang online.
Allein für die einjährige Nutzung des Produktbildes auf dem Banner seines Online-Shops erhält der Betroffene 930,00 €. Hinzu kommt ein Zuschlag von 25 Prozent für die Einblendung auf Amazon und
Ebay. Das Honorar beträgt damit nun 1.162,50 €. Da es sich um ein Banner eines Online-Shops handelt, ist ein weiterer Zuschlag von 50 Prozent zu gewähren. Somit erhöht sich das Honorar auf
1.743,75 €.
Nach der MFM-Tabelle ist für die einjährige Nutzung auf Facebook ein Betrag in Höhe von 553,00 € zu fordern. Da der Fotodieb sein Facebook-Profil als Online-Shop-Profil nutzt, wird auf den Betrag
von 553,00 € ein Zuschlag von 50 Prozent hinzugerechnet. Damit kann ein Honorar von 829,50 € allein für die Facebook-Nutzung verlangt werden.
Rechnet man nun die beiden ermittelten Beträge zusammen, ergibt sich die stattliche Summe von 2.573,25 €. Bisher wurde allerdings außer Acht gelassen, dass für den unterlassenen
Bildquellennachweis nochmals ein Zuschlag von 100% verlangt werden kann. Damit beläuft sich die Höhe des Schadensersatzes in diesem Rechenbeispiel auf insgesamt 5.146,50 €.
Die genannten Beispiele zeigen, dass das Urheberrecht Fotografen nicht nur Ausschussansprüche, sondern auch umfassende Schadensersatzansprüche gewährt. Bei der Geltendmachung von Rechtspositionen
gilt es jedoch immer auch, die Verhältnismäßigkeit zu wahren.
Man muss nicht gegen alles und jeden (z.B. private Blogger und kleine Händler) sofort die "Abmahnkeule herausholen". Oft ist es die beste Werbung für einen Kreativen, wenn er sich gütlich mit
ehemaligen Rechtsverletzern einigen kann. Geht es allerdings um große Unternehmen, die offenkundig aus fremden Leistungen Kapital schlagen wollen, gibt es keinen Grund, seine Rechte nicht mit
aller Konsequenz durchzusetzen.
Arno Lampmann, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Kanzlei LHR – Marken, Medien, Reputation